An und für sich sind diese albernen Freitage, der 13. für
mich Tage wie jede andere.
Aber DER Freitag, 13. Februar 2015 wird sich in meiner Erinnerung
einbrennen. Das erste Anzeichen eines schlechten Tages erlebte ich auf Arbeit,
wie eine Kollegin plärrend aus unserem Büro davonlief, weil unsere
Abteilungsleiterin einen immensen Druck auf sie ausübte. Eine solche Situation
ist in der Zeit, wo ich in der Abteilung, in der Firma arbeite, noch nie
passiert. Mit dem Ausbruch der Kollegin war unsere Stimmung im Büro gedrückt.
War die Chefin tough oder ist die Untergebene nicht tough genug? Kurze Zeit
später beging ich den Fehler, dass ich endlich ein lang ersehntes Lebenszeichen
in Form einer SMS-Nachricht las. Die mich dann in meinen Grundfesten
erschütterte. Ich mich fragte, ob ich auf beide Augen blind war. Mir die
Bestätigung wieder einholte, was ich schon seit Jahren von mir zu glauben
schien. Und der Arbeitstag hat gerade erst begonnen. Ich fragte mich, wie ich
meine geplanten zwei Extrastunden im Büro bewältigen wollte. Nebenbei: Nicht
nur die erwähnte Kollegin steht unter Druck. Wir stehen alle unter Druck.
Irgendwie habe ich es dann geschafft, den Arbeitstag mit den
zwei Extrastunden zu bewältigen. Es war nicht einfach, weil ich die ganze Zeit
und auch jetzt grübel, mich selbst geißele, meine geahnten Vermutungen wieder
bestätigt sehe, mich in einen Zustand der Verzweiflung und Verunsicherung befinde
und dann noch eine kurze Begegnung mit einer Arbeitskollegin aus einer anderen
Abteilung, die am Tag zuvor im Krankenstand war (Übelkeit, Erbrechen), hatte.
Da ich über ihre etwas außergewöhnliche Ehesituation einen groben Überblick
habe, meinte ich zu ihr, dass ihr Krankenstand eher psychisch bedingt sei. Und
nun mir selber einen schwachen Trost zusprechen wollte: „Anderen geht es viel
schlechter als mir. Es geht dir eigentlich immer noch sehr gut.“ Nach der
Arbeit ging ich zu meinem Hörgeräteakustiker, um mit der Logopädin eine weitere
Sitzung in Hörtraining zu absolvieren.
Es war hart. Auch weil mich die private Sache nie loslassen
konnte. Und bei Geräuschen aus einer bestimmten Richtung (sie kamen aus
Lautsprechern, vorne oder hinten) deuten zu können, lag ich jedes Mal daneben.
Zur Abwechslung wurden die „G“- und „D“-Silben trainiert. Die Sitzung dauerte eine
Stunde. Eine lächerliche Stunde. Aber ich war nachher groggy.
Und da ist das Konzert von Christoph Michalke & Carl
Majneri am Abend. Scheiße, ich habe mich so darauf gefreut. Kann ich es
irgendwie noch genießen? Genießen wollen? Ein Rest von meiner Selbstsüchtigkeit
behalten wollen? Ist das richtig oder falsch?
Ich kam gegen 19 Uhr ins Bamkraxler. Eine Freude, CMCM
wiederzusehen. Ich freute mich auch, dass meine zwei Mitstreiter da waren. Dem
einen (Schurli) habe ich die Reservierung und dem anderen (Alex) habe ich die
Motivation für die Tischreservierung zu verdanken. Dafür danke ich die beiden
immer noch.
Der Abend war unglaublich gut. Es liest sich vielleicht
eigennützig an, aber ich war so dankbar und erleichtert, bei diesem besonderen
Konzert dabeisein zu können und dass dieser BESCHISSENE Tag mit einem schönen
Konzert noch einen guten Ausklang fand.
Das Konzert wurde mit einem Gitarrensolo von Carl Majneri
eröffnet. Christoph Michalke stieß dazu und kündigte an, dass das Programm
balladenlastig sein werde und uns aufmerksames Publikum ein Balladenabend
erwarte. Das erste Lied ist – überraschenderweise – eine Ballade. Schon
streichelte mich Bob Dylans „Don’t Think Twice It’s All Right“, begleitet von
Christophs Stimme und Carls Akustikgitarre, meine innere Unruhe. Die Freude war
ganz meinerseits, dass auch an Herrn Tom Waits gedacht und mit „I Hope That I
Don’t Fall In Love With You“ eine weitere – wen überrascht es? – Ballade
geliefert wurde.
Nach weiteren Balladenklassikern, wo auch Christoph selbst
zu den Saiten griff, erwähnte derselbe die Traumfrau seiner Jugend: Melissa
Etheridge. Und was mich zu meiner jahrelangen Liebe weiterleitet, die einmal so
glutendheiß wie Lava ist, aber auch dann nur ein wenig vor sich hinköchelt,
aber die Liebe ist immer da – und das schon seit knapp 20 Jahren: Die Musik und
die Texte von Bruce Springsteen. Christoph erzählte, dass er Melissa das erste
Mal live im Fernsehen sah, als sie für „MTV Unplugged“ das Konzert mit Bruce
Springsteens „Thunder Road“ (und auch mit IHM) eröffnete. Christoph gab uns den
Tipp, auf YouTube das Video anzusehen. „Es ist empfehlenswert.“ (O-Ton CM) Ich
kenne das Video schon länger, aber ich bette es sehr gerne ein:
„Schluss mit der Fremdwerbung. Und hier kommt etwas ohne
Springsteen.“ „Schade!“, war mein Einwurf. „I Will Never Be The Same“ habe ich im
Original sicher nicht gehört, aber ich fand es sehr schön vorgetragen von CMCM.
Und der Titel wirkt so programmatisch.
Nach „Free Fallin‘“ wurde es Zeit für eine Pause und so
wurde noch „Time“ gespielt. Wunderschön das sogenannte Outro, wo wir alle „Time
Time Time“ sangen und Christoph das
(für unser Geschmack grelle) Licht auf der Bühne abdimmte.
In der Pause realisierte ich kurz, dass mir das Konzert
unheimlich gut getan hat und dennoch aber auch die Strapazen des Hörtrainings.
Meine Mitstreiter am Tisch verstand ich kaum. Oft neige ich dazu, dass ich an
solchen Abenden an solchen Tischen wirklich zufrieden bin, wenn ich ein Krügerl
vor mir hab und mir die Leute im Lokal anschaue. Mehr kann ich nicht dazu
aufbringen. (Kein Wunder, dass ich im Grunde genommen eine leidenschaftliche
Misanthropin bin.)
Der zweite Teil des Abends wurde mit „Ka Idee“ eröffnet.
Nach diesem Lied merkte Christoph an, dass sie die Sprache gewechselt haben.
(Oiso, vom Änglischen in den Dialekt.) Nun kündigte er ein Lied von Stefan
Schubert an, „seinerzeit Kapellmeister bei den Stubnblues, einer junger, aufstrebenden
Band“ (O-Ton Christoph) – ich meine, DIE Stubnblues ist eine junge Band, über
das Alter der jeweiligen Bandmitglieder lässt sich streiten. (Nicht bös
gemeint, ich habe die Konzerte von Willi R. und den Stubnblues genossen und
meine liebste Nummer stammt aus Stefans Feder, „Zum letztn Mal“.) Hier nun das
Lied, was im Original eher eine druckvolle Nummer ist (wurde beim voi
aufdrahten Teil des Dopplerabends 2013 auch gespielt) und von Carl pomalisiert
wurde – also, Christophs Ausführungen habe ich zu 95 % folgen können, bin ich
auch ziemlich weit vorne gesessen. „Wegn dera G’schicht“ war die Nummer, und um
bei den Stubnblues zu bleiben und auch im Dialekt, gehen wir rüber zu H. C.
Artmann.
H. C. Artmann ist tatsächlich schwer zum Lesen, ich muss nur
die Gedichte aus „med ana schwoazzn tintn“ laut verlesen, damit ich auch weiß,
wovon er schreibt. Aber es macht Spaß, das Vorlesen… natürlich, solange ich
alleine bin. Es trainiert die Stimmmelodie. Muss ich der Logopädin sagen, der
Dialekt ist ja am Aussterben. Leichter zu vertonen ist er alle Mal, weiß ich
aus der „Bucht von Wien“ und auch aus den „Abendlieder“. Und hier berührte,
streichelte mich „alanech fia dii“ wieder aufs Neue.
Ein Fall für den klassischen Akkudativ lieferte „I hob Di
gern (germ)“. Mit „Herr Herrgott“ wurde Tribut an Erich Meixner gezollt, nun
überlege ich, das Matinee am 21. März 2015 im Stadtsaal anzupeilen. Aus dem
[rema’su:ri]-Fundus wurde auch die pomalisierte Version von „Am leiwandsten
daham“ präsentiert. Zwar ist keiner aufgestanden, aber der Applaus war sehr
kräftig. Mit der „Hiebeserklärung“ gelangten wir zur „Fluchthelferin“ und nun
war es erst einmal aus.
Hobt’s mi wieder gestreichelt, dass „Oabeit“ zum Schluss in
„Factory“ gesungen wurde. Bruce ist allgegenwärtig. Christoph erwähnte, dass er
nicht immer Wirt war, sondern auch Elvis-Imitator. Als Beweis lieferte er uns
eine wunderschöne Version von „Can’t Help Falling In Love With You“. Lauter
programmatische Titel. Lauter Liebeslieder. (Wir sind aber von Christoph vorgewarnt
worden.)
Die Augustiner haben mir sehr gemundet, ich war froh,
angesichts meines psychisch angespannten Zustandes am Abend die nächste
Mahlzeit nach meinem Müsli-Frühstück (noch bevor ich zur Arbeit aufgebrochen
bin) einnehmen zu können.
Ich habe sehr viel Geschirr in meinem Leben zerschlagen,
mehr als ich je gehabt hatte, aber ich bin immer noch unglaublich dankbar für
diesen schönen Abend und dass das Schicksal manchmal gnädig ist mit mir.
Nachtrag: Ich habe noch lange an diesem Text "gearbeitet" und auch herumprobiert, ihn weiter zu verkürzen. Aber das Geschriebene würde dann sehr viel von seinem Ursprünglichen verlieren und so lasse ich diese "entschärfte" Version stehen.
Ois wird guad!